In unserer zunehmend vernetzten Welt hat das, was physisch geschieht, direkte Auswirkungen auf die digitale Welt. Kriege sind da keine Ausnahme. Die Cyber-Domäne, die auch als „fünfte Domäne“ neben Land, See, Luft und Raum bezeichnet wird, ist zu einem neuen Schlachtfeld geworden. Dieser neue Bereich erfordert besondere Fähigkeiten zur Bekämpfung von Bedrohungen.
Ein eindrucksvolles Beispiel dafür ist der aktuelle Konflikt in der Ukraine. Obwohl er oft als Grabenkrieg angesehen wird, ist er in Wirklichkeit sehr viel komplexer. Konteradmiral Javier Roca, Kommandeur des Mando Conjunto del Ciberespacio (MCCE), erklärt: „Es ist der technologischste Krieg, den die Menschheit kennt“.
Beide Seiten integrieren Cyberstrategien für Angriffe, die Sammlung von Informationen und die Verteidigung ihrer Infrastruktur.
Die MCCE, die auf dem Stützpunkt Retamares stationiert ist, ist die jüngste Einheit der spanischen Streitkräfte. Sie wurde 2020 gegründet und besteht derzeit aus 400 Militärangehörigen, die Operationen im Cyberbereich durchführen. Diese Spezialisten sind als „boinas grises“ oder „graue Barette“ bekannt. Der Begriff bezieht sich auf die „Grauzone“, in der sich der Westen seit Jahren befindet: ein Zustand zwischen Krieg und Frieden.
Dies erfordert eine ständige Ausbildung und Strategie, um immer auf einen möglichen Konflikt vorbereitet zu sein, der jeden Moment ausbrechen kann.
Der Hauptzweck des MCCE ist die Überwachung des Cyberbereichs, um potenzielle Bedrohungen zu erkennen. Vizeadmiral Roca betont: „Wir verfügen über Verteidigungs-, Aufklärungs- und Angriffsfähigkeiten. Wir können alle diese Fähigkeiten in ein einziges Kampfsystem integrieren“. Dieses System, das als SCOMCE (Sistema de Combate del Ciberespacio) bekannt ist, ist eine Waffenplattform, in die das Verteidigungsministerium vor drei Jahren 80 Millionen Euro investiert hat. Dank dieses Systems können sie Cyberangriffe neutralisieren oder deren Auswirkungen minimieren.
Obwohl das SCOMCE hauptsächlich defensiv ausgerichtet ist, kann es auch offensiv eingesetzt werden und in der Cyber-Kriegsführung Verwendung finden. Darüber hinaus verfügt das MCCE über das 5G Cyber Defence Centre, das sich auf die Forschung zur Verbesserung der Cyberabwehrfähigkeiten von Systemen konzentriert, die diese Technologie nutzen.
Jeden Tag werden Tausende von versuchten Cyberangriffen registriert. Diese reichen von einzelnen Hackern bis hin zu Gruppen der organisierten Kriminalität. Die größte Sorge gilt jedoch den sogenannten APTs (Advanced Persistent Threats). Dabei handelt es sich um staatlich unterstützte Cyber-Gruppen, die versuchen, kritische Systeme und Infrastrukturen zu kompromittieren, die für die nationale Sicherheit und Verteidigung wichtig sind.
Auch die künstliche Intelligenz (KI) spielt im Cyberbereich eine entscheidende Rolle. Das 2024 gegründete Centro de Referencia de Inteligencia Artificial (Referenzzentrum für künstliche Intelligenz) der EMAD arbeitet eng mit dem MCCE zusammen, um über die neuesten KI-Trends in der Cyberverteidigung auf dem Laufenden zu bleiben. Der Ingenieur für Cybersicherheit, Icía Masid, erklärt: „Wir führen ständig Analysen und Aktualisierungen durch.“ Ein Beispiel ist DeepSeek“, ein neues chinesisches KI-Tool.
Das Zentrum will auch das Bewusstsein für KI und ihre Bedrohungen schärfen. Während KI manchmal als Risiko angesehen wird, bietet sie auch Möglichkeiten zur Bewältigung von Herausforderungen im Cyberbereich. Masid betont: „Das größte Risiko der KI ist die KI selbst und die Tatsache, dass wir sie nicht nutzen, weil unsere Gegner dies bereits tun. Wir müssen auf diesen Zug aufspringen und KI für unsere Verteidigung nutzen.“
Es liegt auf der Hand, dass künftige Bedrohungen nicht mit Waffen aus der Vergangenheit bekämpft werden können. Der nächste Krieg findet vielleicht nicht auf dem physischen, konventionellen Schlachtfeld statt, sondern in der riesigen und komplexen Cyber-Domäne. Dieser Krieg könnte im Stillen stattfinden, aber mit einem viel größeren Zerstörungspotenzial. Wie Vizeadmiral Roca feststellt, „können wir uns nicht einmal vorstellen, gegen wen wir kämpfen werden“.
Quelle: Agenturen