Der Mietwohnungsmarkt in Spanien befindet sich offiziell in der Krise. Im Durchschnitt werden mittlerweile 38 % des Einkommens für Mieten aufgewendet, während Experten warnen, dass alles über 30 % als „unhaltbar” gilt. In einigen Regionen ist die Lage geradezu dramatisch: In der Provinz Málaga muss ein Haushalt durchschnittlich sogar 55 % seines Einkommens für die monatliche Miete aufwenden.
Vor allem in städtischen und touristischen Gebieten wie Barcelona, Palma de Mallorca und Málaga ist die Lage alarmierend. Nach Angaben von Idealista, einer bekannten Immobilienplattform in Spanien, ist der Anteil des Einkommens, der für Mieten aufgewendet wird, dort auf 44 %, 43 % bzw. 42 % gestiegen.
Die Ursache liegt in einer Kombination struktureller Probleme. Einerseits steigen die Preise ungebremst weiter, mit einem durchschnittlichen jährlichen Anstieg von 13,7 %. Andererseits schrumpft das Angebot weiter. Im Juni 2025 erreichte die durchschnittliche Miete einen historischen Rekordwert von 14,38 € pro m².
Laut dem Immobilienportal Fotocasa sprechen die aktuellen Entwicklungen von einer „beispiellosen Angebotskrise”. Die Mieten steigen bereits seit acht Monaten in Folge im zweistelligen Bereich. In Regionen wie Madrid (21,41 €/m²) und Katalonien (20,14 €/m²) sind Mieten für viele Menschen mittlerweile unerschwinglich geworden.
„Der Markt ist völlig aus dem Gleichgewicht geraten”, sagt María Matos von Fotocasa. „Durch die Unsicherheit für private Vermieter, die geringe Verfügbarkeit von Sozialwohnungen und den Mangel an Neubauten geraten viele Haushalte in eine Zwickmühle.”
Mangel an Sozialwohnungen und Bauland verschärft die Wohnungskrise
Eines der Kernprobleme des aktuellen Mietwohnungsmarktes in Spanien ist der geringe Anteil an Sozialwohnungen. Nur 2,5 % des gesamten Wohnungsangebots fallen in diese Kategorie, während der europäische Durchschnitt bei 9,3 % liegt. In den Niederlanden liegt dieser Anteil sogar bei rund 30 %. Darüber hinaus wird der Ausbau des Wohnungsangebots durch einen Mangel an Bauland und das Fehlen wirksamer lokaler Wohnungsbaukonzepte behindert. Viele Gemeinden verfügen nicht über die Mittel oder das Fachwissen, um groß angelegte Wohnungsbauprojekte auf den Weg zu bringen.
Derzeit stehen nach neuesten Schätzungen mehr als 3,8 Millionen Wohnungen leer. Dies geschieht oft, weil die Eigentümer Zahlungsausfälle oder Schäden befürchten oder weil diese Wohnungen in weniger begehrten Gegenden gebaut wurden. Die Forscher der Universität Zaragoza, die diese Analyse durchgeführt haben, plädieren für mehr öffentliche Investitionen. Außerdem sei eine effizientere Bodenpolitik erforderlich und die Vermietung durch private Eigentümer müsse gefördert werden, um den Zugang zum Wohnungsmarkt zu verbessern.
Die negativen Auswirkungen des neuen Wohnungsgesetzes sind eine weitere beunruhigende Folge der Krise auf dem Mietwohnungsmarkt in Spanien. Obwohl dieses Ley de Vivienda Mieter besser schützen soll, unter anderem durch Preisobergrenzen in „angespannten Gebieten”, hat das Gesetz laut Fotocasa den gegenteiligen Effekt auf den Markt.
Eine von dieser Immobilienplattform durchgeführte Umfrage zeigt, dass fast 40 % der privaten Vermieter aufgrund dieser Gesetzgebung erwägen, ihre Wohnungen vom Markt zu nehmen. Mehr als 30 % der verfügbaren Mietwohnungen sollen seit ihrer Einführung bereits verschwunden sein. Dies setzt den ohnehin schon angespannten Markt weiter unter Druck.
Laut María Matos von Fotocasa führt das Gesetz zu einem geringeren Angebot, mehr Unsicherheit bei Vermietern und einer Zunahme von Kurzzeitvermietungen oder Zimmervermietungen. In Regionen wie Katalonien und Andalusien erwägt sogar fast die Hälfte der Vermieter, ihre Wohnungen vom regulären Markt zu nehmen. Nur 2 von 10 Mietern geben an, sich durch das Gesetz besser geschützt zu fühlen.
Die oben genannten Entwicklungen treffen vor allem eine Gruppe besonders hart: junge Mieter. Für viele Berufseinsteiger ist das Mieten einer Wohnung der erste Schritt in die Unabhängigkeit, aber aufgrund der hohen Preise bleibt dieser Schritt aus. In Spanien liegt das Durchschnittsalter für den Auszug aus dem Elternhaus mittlerweile bei 30,4 Jahren – eines der höchsten in der EU. Nur in Kroatien, der Slowakei und Griechenland ist dieses Alter noch höher.
Bemerkenswert ist, dass der Kauf einer Immobilie – trotz steigender Immobilienpreise – für manche erschwinglicher ist als das Mieten. Der durchschnittliche Anteil des Einkommens, der für eine Hypothek benötigt wird, liegt bei 24 %. Dennoch bleibt der Kauf für viele Menschen aufgrund der hohen Anzahlung und strengerer Finanzierungsauflagen unerreichbar.
Experten zufolge sind die Ursachen für die aktuelle Situation weitgehend struktureller Natur. Spanien baut jährlich etwa 100.000 neue Wohnungen, während der Bedarf bei 200.000 liegt. Gleichzeitig steigt die Zahl der Haushalte aufgrund von Migration, Alterung und dem wachsenden Anteil von Alleinstehenden (im Jahr 2024 bereits 5,4 Millionen Menschen, d.h. 28,1 % der Haushalte). Auch die steigenden Baukosten tragen zum Preisdruck bei: Seit 2020 sind die Kosten aufgrund teurerer Materialien und eines Fachkräftemangels um fast 40 % gestiegen.
Francisco Iñareta von Idealista plädiert für politisches Handeln: „Der Mietwohnungsmarkt in Spanien steht vor dem Zusammenbruch. Ohne Visionen und entschlossene Maßnahmen werden Haushalte sowohl bei der Miete als auch beim Kauf zwischen die Fronten geraten. Wir müssen jetzt in mehr bezahlbaren Wohnraum investieren.“
Ob Initiativen wie der kürzlich angekündigte Investitionsplan der Regierung – ein strategisches Projekt (PERTE) in Höhe von 1,3 Milliarden Euro für die Industrialisierung des Wohnungsbaus – tatsächlich Wirkung zeigen werden, bleibt abzuwarten. Der Plan zielt darauf ab, schneller, bezahlbarer und nachhaltiger zu bauen und so den Wohnungsmangel strukturell zu bekämpfen. Aber die Zeit drängt, und der Druck auf den Mietwohnungsmarkt bleibt unvermindert hoch.
Quelle: Agenturen