Jeder hat es schon einmal erlebt: Ein Gespräch verstummt, der Raum füllt sich mit einer unangenehmen Stille und die Atmosphäre wird plötzlich angespannt. Diese Momente, die oft als „unangenehme Stille“ bezeichnet werden, können ziemlich unangenehm sein. Aber warum fühlt sich diese Stille so unangenehm an? Handelt es sich dabei um ein spezifisch spanisches Phänomen, oder kommt es weltweit vor?
Um diese Fragen zu beantworten, hat Preply eine Umfrage in 21 Ländern durchgeführt. Ziel war es, herauszufinden, nach wie vielen Sekunden des Schweigens sich die Menschen unwohl fühlen und in welchen Situationen dieses Schweigen am häufigsten auftritt, wobei der Schwerpunkt auf Spanien lag. Einige der wichtigsten Ergebnisse sind:
Im Durchschnitt empfinden die Menschen eine Stille nach 6,8 Sekunden als unangenehm. Bei den Spaniern liegt dieser Durchschnitt bei 6,9 Sekunden.
77 % der Spanier geben an, dass sie sich bei Stille unwohl fühlen, insbesondere in Situationen wie beim Trampen oder beim ersten Date.
Die regionalen Unterschiede innerhalb Spaniens sind bemerkenswert: Bewohner von Zaragoza fühlen sich bereits nach 5,79 Sekunden unwohl, während Bewohner von San Sebastián das gleiche Unbehagen erst nach 8,1 Sekunden empfinden.
Der kulturelle Hintergrund spielt eine entscheidende Rolle dabei, wie Stille wahrgenommen wird. In vielen asiatischen Kulturen wird Schweigen als Zeichen von Respekt und Nachdenklichkeit angesehen. Im Gegensatz dazu wird Stille in westlichen Kulturen, wie z.B. der spanischen, oft als unangenehm empfunden, was zu dem Drang führt, diese Leere schnell mit Worten zu füllen.
Die Untersuchungen von Preply haben ergeben, dass sich die Brasilianer am wenigsten mit Stille anfreunden können; 85 % von ihnen fühlen sich nach nur 5,5 Sekunden Stille unwohl. Am anderen Ende des Spektrums befinden sich Länder wie die Niederlande, Japan und Thailand, in denen die Stille als Moment der Besinnung geschätzt wird. Thailänder beispielsweise können bis zu 8,1 Sekunden Stille ertragen, ohne sich unwohl zu fühlen, was 1,3 Sekunden über dem weltweiten Durchschnitt liegt.
Das Ausmaß des Unbehagens während des Schweigens hängt von der Person ab, mit der man zusammen ist. Für mehr als die Hälfte der Spanier (55 %) ist das Schweigen mit Fremden am unangenehmsten. Das ist verständlich, denn das Fehlen von Vertrautheit und gemeinsamem Kontext erschwert den reibungslosen Ablauf von Gesprächen.
Nach Fremden wird das Schweigen mit Vorgesetzten am Arbeitsplatz als am unangenehmsten empfunden; 41 % der Spanier nennen speziell diese Situationen. Interessanterweise empfinden die älteren Generationen, insbesondere die über 55-Jährigen, dieses Schweigen am Arbeitsplatz als noch unangenehmer.
Auch familiäre Bindungen spielen eine Rolle: Schweigen mit entfernten Verwandten oder Schwiegereltern wird von vielen als unangenehm empfunden. Dies kann darauf zurückzuführen sein, dass es keine häufigen Interaktionen oder gemeinsamen Erfahrungen gibt, was zu weniger flüssigen Gesprächen führt.
Bestimmte Situationen sind berüchtigt dafür, unangenehmes Schweigen zu verursachen. Die drei wichtigsten für Spanier sind:
Im Fahrstuhl mit einer anderen Person: 79 % fühlen sich während dieser kurzen Fahrten unwohl, da die Menschen oft den Blickkontakt vermeiden und nicht wissen, was sie sagen sollen.
Beendigung einer Beziehung: 73 % fühlen sich unwohl, wenn sie bei diesen emotional aufgeladenen Gesprächen schweigen.
Erste Verabredungen, informelle Gespräche mit Fremden und Beerdigungen: Jede dieser Situationen wird von 72 % der Spanier als unangenehm empfunden, wenn es zu Schweigen kommt.
Familientreffen (52 %) und ausführliche Gespräche mit dem Partner (53 %) werden dagegen weniger mit unangenehmem Schweigen in Verbindung gebracht, wahrscheinlich weil es in diesen Situationen mehr zu besprechen gibt.
Die Angst vor dem Auftreten unangenehmer Stille kann manchmal schlimmer sein als die Stille selbst. In Spanien sind die am meisten gefürchteten Situationen:
Öffentliche Präsentationen: 36 % fürchten das Schweigen, wenn sie vor einer Gruppe sprechen, aus Angst, den Faden zu verlieren oder keine Fragen zu bekommen.
Erste Verabredungen: 34 % befürchten, dass Schweigen während eines ersten Treffens ein Zeichen für mangelndes Interesse oder eine fehlende Verbindung sein könnte.
Konfliktsituationen und Interaktionen auf engem Raum, z. B. in Aufzügen: 26 % befürchten, dass Schweigen in diesen Situationen die Spannung erhöhen könnte.
Die Studie zeigt, dass die Toleranz gegenüber Schweigen in den verschiedenen spanischen Städten unterschiedlich ausgeprägt ist. Die Einwohner von Zaragoza und Valladolid fühlen sich nach weniger als sechs Sekunden unwohl, während die Menschen in Santa Cruz de Tenerife, Vigo und San Sebastián fast acht Sekunden aushalten können, bevor sie sich unwohl fühlen. Diese Unterschiede, die auf fast drei Sekunden ansteigen, können in einem Gespräch als signifikant empfunden werden.
Quelle: Agenturen