Ein halbes Jahrhundert mit Familie Delgado

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Gibt es eine passendere Location als eine ehemalige Bodega um die Geschichte der Familie Delgado, Protagonisten der „Mallorca Saga“ des unter dem Pseudonym „Carmen Bellmonte“ schreibenden Autorinnen-Duo Elke Becker und Ute Köhler vorzustellen? Wohl nicht – das zeigte das Interesse von knapp 50 literaturbegeisterten Gästen, die sich am Freitag (29.09.2023) in Can Gats in Llucmajor auf Mallorca zu einer „Autorenlesung“ eingefunden hatten.

Wobei es das eben nicht war – eine Lesung wie man sie sich im klassischen Sinne vorstellt. Vielmehr war es ein Streifzug durch fünf Jahrzehnte, in denen die Weltgeschichte – und die Geschichte einer mallorquinischen Winzerfamilie, akribisch beleuchtet und vom Feinsten recherchiert präsentiert wurde.

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Die Autorinnen plauderten über ihre Arbeitsweise – „Schreiben ist Handwerk“, so Ute Köhler – erzählten von den unzähligen Stunden, Tagen, Wochen, Monaten, die nötig sind, um eine in sich schlüssige Geschichte zu erzählen.

Sie sprachen auch davon, wie es ist, eine Saga aus der Sicht der im Laufe der Jahrzehnte zahlreich anwachsenden Zahl an Protagonisten zu verfassen. Wie sich Ute Köhler und Elke Becker immer wieder, gerade in Zeiten von Corona, ihre getrennt voneinander verfassten Kapitel zugesendet haben, um Korrekturen und Abstimmungen vorzunehmen. Am Ende ist eine 4-teilige Saga entstanden, die nicht im Mindesten sprachlich erkennen lässt, dass hier mehr als eine Feder die Inhalte vor den Augen der Leserschaft aufleben lässt.

Natürlich wurden auch Passagen aus den Büchern vorgelesen, aber eben nicht im Sinne von „Vorgelesen“, wie vielleicht eine Mutter eine „Gute-Nacht-Geschichte“ früher vorliest, sondern zwischen den Texten verwoben, spannte sich ein faszinierender und spannender Bogen aus Buchinhalt und der Entstehungsgeschichte der etwa 2.300 Seiten starken Familien-Saga.
Schade eigentlich, dass ein Großteil der Zuhörer an diesem Abend erst mit der Saga in Berührung kam – ich finde die Bücher dermaßen lesenswert – fesselnd und mit einem exzellent inszenierten Spannungsbogen, mit immer wieder überraschenden Wendungen, dazu die überaus realistische Darstellung sowohl der wechselnden Locations (Mallorca, Kuba, Kalifornien) als auch der Familienmitglieder – zum Teil über Generationen hinweg – dass es eine Freude war den Autorinnen auf dieser Reise zu folgen.

Die in Stadtarchiven und Bodegas sauber recherchierte Zeitgeschichte und Kultur der Jahrzehnte, ergeben mit der Familiengeschichte ein, wie ich finde, „lesenswertes Meisterwerk“, das fesselt und einen so schnell nicht wieder loslässt. Man möchte das Buch / die Bücher eigentlich gar nicht mehr aus den Händen legen und fiebert am Ende eines jeden Bandes schon auf den nächsten, auf die Fortsetzung hin.

Vielleicht haben Sie mal wieder bei anderer Gelegenheit die Möglichkeit, die beiden Autorinnen auf einer ihrer Lesungen zu erleben.