Investmentfonds haben seit 2007 rund 15 Prozent der zum Verkauf stehenden Wohnungen auf den Balearen erworben. Was bedeutet das für die Menschen, die hier leben? Ein kritischer Blick auf Ursachen, Folgen und mögliche Lösungsansätze.
Kann Mallorca weiterhin ein Ort zum Leben sein, wenn große Kapitalanleger jede sechste zum Verkauf stehende Wohnung aufkaufen? Die nackten Zahlen sind eindeutig: Laut dem Consejo General del Notariado haben Investmentgesellschaften seit 2007 etwa 35.854 Wohnungen auf den Balearen gekauft, was fast 15 Prozent aller Verkäufe in diesem Zeitraum entspricht.
Der Markt ist nicht mehr nur lokal. Unternehmen greifen häufiger zu größeren Häusern, oft mit touristischen Nutzungsmöglichkeiten, und zahlen im Durchschnitt etwa 3.137 Euro pro Quadratmeter im Vergleich zu 2.484 Euro, die private Käufer ausgeben. Solche Unterschiede treiben das Preisniveau nach oben. Gleichzeitig kommen etwa 38 Prozent der Käufer aus dem Ausland, viele als Kapitalanlage, nicht als Wohnsitz. Das Ergebnis ist ein doppelter Verknappungsmechanismus: weniger Angebot für Dauerwohnende und Marktpreise, die Privathaushalte zunehmend überfordern.
Was in der öffentlichen Debatte oft fehlt: Eine differenzierte Betrachtung der Eigentumsformen. Es wird viel über „Investoren“ gesprochen, aber wenig über die konkreten Vertragsmodelle, die Leerstand fördern oder die Umwandlung von normalen Mietwohnungen in kurzfristig vermietete Apartments erleichtern. Ebenfalls unterbelichtet bleibt, wie Kommunen derzeit kommunale Instrumente einsetzen oder nicht einsetzen: Von Umwandlungsverboten bis zu spezifischen Aufkaufprogrammen gibt es Praxisbeispiele, die hier kaum Beachtung finden.
Die langfristigen Folgen für die soziale Infrastruktur werden zu wenig beachtet. Schulen, Ärzte, Busverbindungen – wenn Dauerbewohner verdrängt werden, bricht auch die Nachfrage nach diesen Angeboten ein. Außerdem bleibt die Frage offen, wie kommunale Planungs- und Steuerinstrumente besser aufeinander abgestimmt werden können, damit Renditeinteressen nicht automatisch Vorrang vor dem Wohnbedarf haben.
Konkrete Lösungsansätze, praktikabel für Mallorca:
– Begrenzung von Massenaufkäufen: Kommunen könnten Erwerbsquoten prüfen oder Meldepflichten für größere Portfolios verlangen, um Transparenz zu schaffen.
– Zweckbindung beim Weiterverkauf: Beschränkungen, die den Weiterverkauf nur an private Eigentümer erleichtern, würden Spekulationszyklen brechen.
– Steuerliche Anreize für Dauervermietung: Ermäßigungen oder Zuschläge könnten Eigentümer dazu bewegen, Wohnungen an Langzeitmieter statt an Ferienvermietungen zu geben.
– Kommunale Ankauffonds und Community-Land-Trusts: Stadt oder Gemeinde sammeln Kapital, kaufen gezielt Bestandswohnungen und halten sie dauerhaft dem Wohnungsmarkt für Einheimische zugänglich.
– Verstärkte Datenpolitik: Eine regelmäßig aktualisierte, öffentlich zugängliche Datenbank über Besitzverhältnisse, Leerstand und Nutzungslizenzen würde politische Entscheidungen fundierter machen.
Solche Instrumente erfordern Mut zur Veränderung und eine enge Verknüpfung von Stadtplanung, Steuerrecht und Sozialpolitik. Der Blick nach außen zeigt, dass Regionen mit vergleichbaren Problemen teils striktere Regeln eingeführt haben, aber die Balearen stehen vor besonderen Herausforderungen: Insulare Knappheit, hohe touristische Nachfrage und ein dichtes Nebeneinander von Erst- und Zweitwohnsitzen.
Es geht nicht nur um Zahlen, sondern um das Alltagsleben. Wenn Investoren ein Prozent mehr Rendite erzielen können, während Familien einen bezahlbaren Platz zum Leben verlieren, dann ist das ein Systemfehler, der politisch behoben werden muss. Die Maßnahmen reichen von Meldepflichten bis zu kommunalen Wohnfonds. Sie sind keine Wundermittel, aber notwendig, um die Inseln wieder als Wohnorte funktionsfähig zu machen. Wer jetzt nicht handelt, riskiert, dass Mallorca mehr und mehr zu einem Produkt für Geldanleger wird, statt zu einem Zuhause für die, die hier arbeiten, Kinder großziehen und den Alltag organisieren.
Quelle: Agenturen





