Der Konservative Friedrich Merz, dessen Partei, die Christlich-Demokratische Union (CDU), und ihre bayerische Schwesterpartei, die Christlich-Soziale Union (CSU), am Sonntag (23.02.2025) die Bundestagswahl in Deutschland gewonnen haben, können nun endlich in einer großen Koalition mit den Sozialdemokraten regieren, nachdem bestätigt wurde, dass die linkspopulistische Partei Bündnis 90/Die Grünen (B90/Grüne) aus dem Bundestag ausscheidet.
Nach Auszählung aller Stimmen erhält der konservative Block 28,6 % der Stimmen und 208 Sitze in einer aus 630 Abgeordneten bestehenden Unterhaus, während die Sozialdemokraten (SPD) mit 16,4 % ihr schlechtestes Ergebnis in der Geschichte und 120 Mandate im Bundestag erhalten und verfügt damit über eine Mehrheit von insgesamt 328 Abgeordneten.
All dies nach einer spannenden Nacht, in der es darum ging, ob BSW, die vor etwas mehr als einem Jahr nach einer Abspaltung von der Partei Die Linke gegründet wurde und als beispielloser Erfolg einer neu gegründeten Kraft in der deutschen Politik galt, in den Bundestag einziehen würde oder nicht, obwohl er gerade deshalb viel weniger Geld für seine Kampagne zur Verfügung hatte.
Der Schock ist groß im BSW, der seit Herbst letzten Jahres in den ostdeutschen Bundesländern Thüringen und Brandenburg mit den traditionellen Kräften Christlich-Demokratische Union (CDU) und Sozialdemokratische Partei (SPD) bzw. mit den Sozialdemokraten regiert, nachdem sie bei den Landtagswahlen im September jeweils fast 16 % bzw. 14 % der Stimmen erzielt hatten. Wagenknecht kündigte bereits an, dass sie ihre Zukunft überdenken werde, falls ihre Partei nicht in den Bundestag einziehen sollte.
Auch die Liberalen der FDP von Christian Lindner, der sich aus der Politik zurückziehen wird, werden nicht vertreten sein. Die Grünen, die in den Umfragen als möglicher Koalitionspartner für die CDU galten, mit der sie jedoch große Unterschiede haben, konnten schließlich nur 11,6 % der Stimmen auf sich vereinen.
Merz hingegen kann diesen Montag ruhiger frühstücken, denn er machte gestern Abend zusammen mit dem CSU-Chef Markus Söder deutlich, dass er in einer komplizierten innen- und außenpolitischen Lage und angesichts der großen öffentlichen Streitigkeiten des Dreierbündnisses, das in den letzten drei Jahren vom amtierenden Bundeskanzler, dem Sozialdemokraten Olaf Scholz, angeführt wurde, mit einem einzigen Partner regieren wolle, um die Stabilität der Regierung zu gewährleisten.
Er hat bereits erklärt, dass er nicht Teil der Regierung Merz sein wird und auch nicht an den Koalitionsverhandlungen teilnehmen wird. Er möchte jedoch weiterhin Abgeordneter im Bundestag bleiben.
In Deutschland haben die beiden traditionellen Parteien in vier Perioden gemeinsam regiert: zwischen 1966 und 1969, zwischen 2005 und 2009, zwischen 2013 und 2017 und zwischen 2018 und 2021.
Die rechtsextreme Alternative für Deutschland (AfD) wird somit mit 20,8 % der Stimmen und 152 Sitzen die größte Oppositionspartei im deutschen Parlament sein. Merz machte am Vortag erneut deutlich, dass er in keiner Weise mit ihnen zusammenarbeiten werde.
Die AfD zog 2017 mit 12,6 % zum ersten Mal ins Parlament ein und wurde zur stärksten Oppositionspartei, als sich eine große Koalition aus Konservativen und Sozialdemokraten bildete.
Aber jetzt wird sie in der nach rechts tendierenden Unterhauskammer viel stärker sein und sich vehementer gegen die Versuche der Rechtsextremen wehren müssen, ihre Agenda durchzusetzen, die zudem vom Technologiemogul Elon Musk unterstützt wird, einem engen Verbündeten des US-Präsidenten Donald Trump. All dies zu einem Zeitpunkt, da die neue US-Regierung die transatlantischen Beziehungen erschüttert und der russische Krieg in der Ukraine an diesem Montag drei Jahre andauert, mit möglichen Friedensverhandlungen, bei denen die Europäische Union (EU) derzeit keinen Platz am Verhandlungstisch haben wird.
In der Innenpolitik steht der konservative Politiker vor der Herausforderung, die führende europäische Wirtschaft aus der Rezession zu führen. Außerdem hat er ein Koalitionsabkommen von einem Migrationspakt abhängig gemacht, da er Massendeportationen fördern und die Grenzen für irreguläre Einwanderung praktisch schließen will.
Die SPD ist mit einer Verschärfung der Migrationspolitik einverstanden, möchte dies jedoch im Rahmen der bereits beschlossenen Maßnahmen und stets in Abstimmung mit den Nachbarländern und im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht tun, während Merz auf sofortige Rückführungen und wöchentliche Abschiebeflüge in Länder wie Afghanistan drängt.
Auch bei den wirtschaftlichen Rezepten gehen die Meinungen auseinander, denn die Sozialdemokraten wollen den Mindestlohn auf 15 Euro pro Stunde anheben, die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel senken und beispielsweise mit Steuervergünstigungen massiv in die angeschlagene Industrie investieren. Die Konservativen wollen die Wirtschaft mit Steuersenkungen für Arbeitnehmer und Unternehmen sowie Anreizen für mehr Arbeit wieder ankurbeln.
Merz wurde beschuldigt, sich nur um die Reichen zu kümmern, während er beklagte, dass die SPD Geld ausgeben wolle, wo keines vorhanden sei. An einem Wahltag, an dem die Wahlbeteiligung mit 82,5 % die höchste seit der Wiedervereinigung Deutschlands war, war die große Überraschung Die Linke, die 8,8 % der Stimmen und 64 Sitze erhielt.
Quelle: Agenturen


