Santiago de Compostela – Lärm, Trunkenheit und öffentliche Urinierer

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Touristenbelästigung: Man mag sie vor allem mit „Partyinseln“ wie Mallorca und Ibiza in Verbindung bringen. Aber auch Wallfahrtsorte klagen bitterlich darüber. Die spanische Stadt Santiago de Compostela hat die Nase voll: Dezibelmessungen und saftige Geldstrafen sollen der Lärmbelästigung ein Ende setzen.

Santiago de Compostela stöhnt unter dem anhaltenden Massentourismus. Für die Bewohner des weltberühmten spanischen Wallfahrtsortes sind die Grenzen der Toleranz längst überschritten. Die Verärgerung über den Lärm der Pilger und gewöhnlichen Touristen hat einen neuen Höchst- bzw. Tiefpunkt erreicht: Künftig werden Lärmmessgeräte zum Einsatz kommen.

Denn manchen Pilgern ist nichts heilig, wenn sie die Stadt im Nordwesten Spaniens betreten. Schon in den frühen Morgenstunden hört man sie jubeln und lauthals singen.

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Manchmal ziehen Pilgergruppen mit Trommeln und Tröten in die Stadt ein. Der Lärm hallt besonders laut in den Gassen der Altstadt wider. Für die Bewohner gibt es kein Entrinnen; sie werden um Schlaf und Ruhe gebracht. Und die Konzentration, denn einige arbeiten von zu Hause aus.

Die Beschwerden der Anwohner tragen nun Früchte. Die Stadtverwaltung von Santiago de Compostela hat angekündigt, dass ab Ende August oder Anfang September zehn „Informationsvermittler“ zu Fuß in die Altstadt geschickt werden. Sie werden an ihren Schutzwesten, Tablets und Rucksäcken zu erkennen sein. Sie werden Schallmessgeräte mit sich führen, die den wichtigsten Teil ihrer Ausrüstung darstellen. Mit ihnen überwachen sie die Dezibelwerte von Pilger- und Touristengruppen. Werden bestimmte Grenzwerte überschritten, werden die Lärmverursacher verwarnt und informiert, aber zunächst nicht bestraft.

Darüber hinaus werden diese „Informationsvermittler“ den Besuchern Tipps für andere Ziele als den Hauptplatz der Kathedrale, die Plaza del Obradoiro, geben. Dies könnte dem Plan zufolge die Menschenmassen etwas verteilen.

Einem Bericht des spanischen Fernsehsenders Tele 5 zufolge wurde die Maßnahme mit einem Budget von knapp 100.000 Euro genehmigt und ist Teil einer Kampagne mit dem Titel „Fragil“.

Die von der Polizei verhängten Bußgelder fließen derweil in die Stadtkasse zurück. Wie die spanische Zeitung ABC berichtet, wurden in diesem Jahr in Santiago de Compostela fast 400 Personen wegen „unzivilisierten Verhaltens“ mit einem Bußgeld belegt. Es ist nicht ganz klar, ob es sich dabei um Pilger, Touristen oder Einheimische handelte.

202 Geldstrafen wurden gegen Personen verhängt, die beim Urinieren in der Öffentlichkeit erwischt wurden. In 152 Fällen ging es um den Konsum von alkoholischen Getränken auf öffentlichen Plätzen, in 31 Fällen um Singen und Schreien und in sieben Fällen um die unerlaubte Verwendung von Megaphonen. Dies ist vor allem bei internationalen Touristengruppen üblich. Die Verwendung von Kopfhörern ist für Reisegruppen und ihre Führer sogar vorgeschrieben.

Die Verstöße können teuer werden: bis zu 750 Euro für Alkoholkonsum, zwischen 60 und 1.500 Euro für verschiedene Formen der Lärmbelästigung. Pilger und Touristen sollten daraus die richtigen Schlüsse ziehen, so die Stadtverwaltung: Die Gäste sind angehalten, das Flair Santiagos so leise wie möglich zu genießen – und erst in den Cafés auf die gelungene Pilgerreise anzustoßen.

Quelle: Agenturen