Am Sonntagabend (15.06.2025) stand Palma auf Mallorca im Zeichen einer beeindruckenden Protestaktion gegen die Folgen des Massentourismus. Unter dem Motto „Per una vida digna, aturem la turistificació” – „Für ein würdiges Leben, stoppt die Touristifizierung” – zog eine Demonstration durch das Zentrum der Hauptstadt. Der Begriff „Turistifizierung” beschreibt, wie der Lebensraum und die Einrichtungen der Einheimischen zunehmend vom Tourismus verschlungen werden.
Der von der Plattform Menys turisme, més vida organisierte und von mehr als 100 Organisationen unterstützte Protestmarsch begann auf der Plaça d’Espanya und endete auf dem imposanten Passeig del Born. Unterwegs waren Slogans wie „Wer Mallorca liebt, zerstört es nicht” zu hören und es wurden bunte Protestplakate, Kreuzfahrtmodellschiffe, die ganze Kreuzungen füllten, sowie rollende Koffer als Symbole des Widerstands mitgeführt.
Was als lokaler Aufruf begann, entwickelte sich zu einem koordinierten Aktionstag, der auch auf Ibiza und in anderen südeuropäischen Städten wie Barcelona und San Sebastián stattfand. Die Kritik richtet sich gegen das „touristische Monokulturmodell” der Balearen, durch das die Insel fast vollständig von Urlaubern abhängig geworden ist.
Eine der markantesten Stimmen war die des 16-jährigen Jaume Pujol, der als Sprecher auftrat und erklärte: „Wir werden von der Regierung ignoriert. Die Pläne der Regierung für einen ‚nachhaltigen Tourismus‘ sind eine Farce. Was wir brauchen, ist ein Moratorium für Ferienvermietungen, ein Stopp für Kreuzfahrten und echte Maßnahmen gegen den Massentourismus.“
Der Protest verband mehrere soziale Themen. Neben der Kritik an der Wohnungskrise und der Verschmutzung durch die touristische Infrastruktur wurden auch Stimmen für den Erhalt des Katalanischen, für die Unterstützung Palästinas und für die Verteidigung des öffentlichen Raums laut. Gruppen wie Fridays for Future, GOB, Amics de la Terra und die Gewerkschaften CCOO und CGT waren stark vertreten.
Die Tatsache, dass sich so viele verschiedene Generationen, Dörfer und Interessen vereint haben, zeigt, wie tief das Gefühl ist, dass das Gleichgewicht auf der Insel aus den Fugen geraten ist.
Die mallorquinische Bürgerbewegung „Menys turisme, més vida” erklärte, dass die Proteste darauf abzielen, die zunehmende Ausrichtung der Insel auf das Urlaubsgeschäft anzuprangern und politische Maßnahmen zu fordern, um das touristische Wachstum zu stoppen. „Unser Territorium steht nicht zum Verkauf“, erklärte die Organisation. „Es ist dringend notwendig, dem Tourismus Grenzen zu setzen und einen Kurswechsel einzuleiten.“
„Wir demonstrieren für das Recht auf ein würdiges Leben“, betonte ein Sprecher der Aktivisten. Er wies darauf hin, dass die Touristensaison auf Mallorca bereits mit „untragbaren Zuständen“ in Urlauber-Hotspots wie Sóller, Arta oder Palma begonnen habe. Auf Mallorca dauert die Hauptsaison von Frühjahr bis Herbst. Im Juli und August kommen monatlich mehr als zwei Millionen Urlauber auf die Insel, auf der 950.000 Menschen leben.
Die Wohnungsnot wird durch die zunehmende Ausbreitung von Ferienapartments und die Immobilienkäufe durch Ausländer immer größer. Dadurch werden Einheimische verdrängt, die in vielen Wohnvierteln bereits zu einer Minderheit geworden sind. Inzwischen werden rund ein Drittel aller Wohnungs- und Hauskäufe auf der Insel durch wohlhabende Ausländer getätigt.
Im Jahr 2024 empfing Mallorca über 13,5 Millionen Touristen, was einen neuen Rekord darstellt. Laut Prognosen der balearischen Regierung könnte dieser Wert im Jahr 2025 sogar übertroffen werden. Mehr als 40 Prozent der Besucher kommen aus dem deutschsprachigen Raum. Aus Sicht zahlreicher Anwohnervereine und Umweltgruppen führt die touristische Überlastung zu Verkehrschaos, Naturzerstörung und Trinkwassermangel.
Quelle: Agenturen