Der Ministerpräsident der katalanischen Generalitat, Pere Aragonès, hat überraschend vorgezogene Neuwahlen für den 12. Mai 2024 angekündigt. Diese Entscheidung erfolgte nach der Ablehnung des Haushalts durch das katalanische Parlament, die seiner Regierung einen schweren Schlag versetzte. Als autonome Region innerhalb Spaniens hat Katalonien seit Jahrzehnten eine explosive politische Landschaft, und diese Wahlen werden die 14. demokratischen Regionalwahlen sein und folgen auf die Regionalwahlen vom 14. Februar 2021.
Der regionale Haushalt für 2024 wurde mit 68 Gegenstimmen von Junts, Vox, Ciudadanos, PP und Comuns abgelehnt. Die Oppositionsparteien warfen der Regierung unter anderem vor, das umstrittene Projekt BCN World für einen großen Freizeitkomplex nicht abgelehnt zu haben. Mit 67 Ja-Stimmen von ERC, PSC und einem abtrünnigen Junts-Abgeordneten verfehlten die Haushaltspläne nur knapp die erforderliche Mehrheit.
Die Wahlankündigung beendet eine turbulente Regierungszeit, die bereits im Jahr 2021 turbulent begann. Die Pandemie schuf damals einzigartige Umstände, als die Gerichte die geplante Verschiebung der Wahlen stoppten. Es war das erste Mal seit der Zweiten Republik, dass die ERC in Katalonien an die Macht zurückkehrte, aber sie schaffte es somit nicht, diese Amtszeit zu beenden. Die Wahlen in Katalonien im Jahr 2021 gewann übrigens die PSC mit fast 23 % der Stimmen, während die ERC 21 % der Stimmen erhielt.
Die angekündigten vorgezogenen Neuwahlen im Mai 2024 sind eine Folge der festgefahrenen Politik im katalanischen Parlament. Die Regierungspartei ERC mit ihren 33 Sitzen bildete eine Minderheitsregierung und geriet mehr als einmal mit dem toleranten Partner Junts mit 32 Sitzen aneinander. Nach der Spaltung im Jahr 2022 verlor der regionale Premierminister Aragonès seine parlamentarische Mehrheit.
Die Junts des im Exil lebenden Puigdemont hatten die Koalition im vergangenen Jahr gesprengt, weil sie Aragonès‘ Weg zu mehr Pragmatismus und Dialog mit Madrid nicht mehr mittragen konnten. Sie bevorzugten ein härteres Vorgehen im Unabhängigkeitskampf. Dies machte eine Zusammenarbeit mit dem ERC unmöglich.
Für den ERC blieben im vergangenen Jahr nur wenige Optionen. Nur mit der Unterstützung der katalanischen Sozialdemokraten (PSC) war ein Regieren innerhalb des katalanischen Systems kaum möglich. Die festgefahrene Situation in Bezug auf den neuen Haushalt war für sie der Auslöser, Neuwahlen anzukündigen.
Derzeit lassen die Umfragen keinen klaren Sieger erkennen. Einige sagen einen Sieg der gemäßigten ERC voraus, während andere glauben, dass die glühenden Separatisten der Junts als stärkste Partei hervorgehen werden. In jedem Fall verspricht es ein harter Wahlkampf zu werden, in dem die Frage der Unabhängigkeit wieder einmal im Mittelpunkt stehen wird. Eine weitere Pattsituation und Unruhen in Katalonien scheinen vorerst unvermeidlich.
Quelle: Agenturen