Wohnungsnot auf Mallorca durch Massentourismus?

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Heute (17.03.2025) wird die renommierte deutsche Tageszeitung Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) einen ausführlichen Artikel des Journalisten Hans-Christian Rößler über die Wohnungskrise auf Mallorca veröffentlichen. Der Titel des Artikels, „Bleibt zu Hause!“, lässt nichts der Fantasie zu: Touristen werden für die immer schwieriger werdenden Lebensbedingungen der einheimischen Bevölkerung verantwortlich gemacht. Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum ist dramatisch und die Situation eskaliert.

Auf dem Stadtplan von Palma tauchen immer mehr rote Punkte auf: Orte, an denen sich Obdachlose niederlassen. Insgesamt sollen mehr als 1000 Menschen in und um Palma in Zelten, unter Brücken oder in alten, verlassenen Gebäuden leben. Sogar ein verlassenes Gefängnis aus der Franco-Ära an der Straße nach Valldemossa und Sóller ist von Obdachlosen besetzt, einfach weil sie nirgendwo anders hin können. Ihre Zahl wird auf 60 bis 200 Menschen geschätzt.

Die Lage ist verzweifelt. Die Gruppe der „Sin techo“ (Obdachlosen) hat sich in kurzer Zeit verdreifacht und an immer mehr Orten entstehen provisorische Lösungen. Auffällig ist die wachsende Zahl von Wohnmobilen entlang der Straßen, die nicht von Urlaubern genutzt werden, sondern als Notunterkünfte für die lokale Bevölkerung dienen. In Palma wurden Obdachlose Anfang des Jahres sogar von einem Aussichtspunkt in der Nähe eines Fünf-Sterne-Hotels und eines Yachthafens vertrieben.

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Laut dem Artikel in der FAZ ist der Mangel an bezahlbarem Wohnraum enorm. 91.000 zusätzliche Wohnungen werden benötigt, um die Situation etwas zu entschärfen, aber die konservative Regionalregierung hat bisher nur Pläne für 5.000 neue Wohnungen vorgelegt. Selbst die Regierung räumt ein, dass dies nur ein erster Schritt ist.

Zudem nimmt die Hausbesetzung rapide zu. In Palma sind mindestens 400 Immobilien illegal besetzt. In Port d’Alcúdia musste kürzlich ein privates Räumungsunternehmen eingreifen, um ein von 150 Familien besetztes Wohnhaus zu räumen. Viele von ihnen hatten Arbeit, verdienten aber zu wenig, um sich eine Wohnung leisten zu können. Im Januar wurde auch eine Hotelbesetzung in Cala Bona aufgelöst.

Die Frustration unter den Mallorquinern wächst. Bei zwei großen Protesten gingen im vergangenen Jahr bereits Zehntausende Demonstranten auf die Straße. Auf Transparenten stand „Wohnen ist ein Recht, kein Luxus“ und „Jedes Airbnb bedeutet eine Familie ohne Zuhause“. An diesem Wochenende wandten sich sechs Aktivistengruppen mit einem dringenden Appell an die Touristen: „Wir brauchen keine Touristen mehr. Ihr seid die Ursache unseres Problems. Genug ist genug. Bleibt zu Hause!“

Die Protestgruppe „Menys turisme, més vida“ (Weniger Tourismus, mehr Leben) macht die Regionalregierung der Balearen mitverantwortlich für das Problem. Kritik am Tourismus war einst ein Tabu, doch selbst konservative Politiker geben inzwischen zu, dass die Grenzen erreicht sind. Tourismusminister Jaume Bauzà sagte in der FAZ: „Wir müssen das quantitative Wachstum stoppen und uns auf die Qualität konzentrieren.“

Strengere Kontrollen und Bußgelder für illegale Ferienvermietungen
Trotz aller Kritik steigt die Zahl der Touristen weiter an. Im vergangenen Jahr besuchten 18 Millionen Menschen Mallorca, bald könnten es 20 Millionen sein. Deshalb hat die Regierung zusätzliche Tourismusinspektoren eingesetzt, die gegen illegale Ferienvermietungen vorgehen sollen. Schätzungen zufolge gibt es auf Mallorca 7.000 illegale Ferienwohnungen.

Um dem entgegenzuwirken, droht die Balearenregierung mit Bußgeldern von bis zu 500.000 Euro und will die Erteilung neuer Ferienvermietungsgenehmigungen in Apartmentkomplexen stoppen. Doch dafür fehlt der Regierung die parlamentarische Mehrheit, seit die rechtsgerichtete Partei Vox der PP-Regierung die Unterstützung entzogen hat.

Die Immobilienpreise auf Mallorca sind inzwischen höher als in Madrid und Barcelona. Eine Wohnung unter 100.000 Euro wird wahrscheinlich von „Okupas“ besetzt werden. Auch wohlhabende Ausländer tragen zum Preisanstieg bei: Im vergangenen Jahr wurde ein Drittel aller Häuser von Nicht-Spaniern gekauft, wobei Deutsche die größte Gruppe bildeten.

Laut Daniel Arenas, Vorsitzender des Immobilienverbandes ABINI, spielen jedoch auch andere Faktoren eine Rolle. Die Bevölkerung der Balearen hat sich in den letzten Jahrzehnten fast verdoppelt, während die Zahl der neuen Häuser sogar zurückgegangen ist. Bauland ist knapp und eine Mittelstandsfamilie kann sich kaum noch ein Haus leisten.

Der FAZ-Artikel zeichnet ein düsteres Bild der Zukunft. Für Einheimische ohne Wohneigentum werden die Balearen unbezahlbar. Immer mehr Menschen verlassen die Insel, weil sie sich die Miete nicht mehr leisten können. Selbst mallorquinische Rentner verlassen die Insel, während deutsche Rentner hier einen neuen Lebensabschnitt beginnen.

Kampagnengruppen und soziale Organisationen versuchen, den Trend umzukehren, aber ohne drastische Maßnahmen scheint sich die Situation nicht zu verbessern. Wie die Aktivistin Margalida Ramis von der Protestgruppe Menys turisme, més vida es ausdrückt: „Die Pandemie hat uns gezeigt, dass es Wahnsinn ist, völlig vom Tourismus abhängig zu sein. Wir müssen eingreifen.“

Der Immobilienmarkt explodiert weiter und die Nachfrage übersteigt das Angebot: Wann wird das Leben auf Mallorca für die Einheimischen unerschwinglich?

Quelle: Agenturen